17. November 2002
In welchem Sinne ist Maria
Der päpstlicher Theologe P. Georges Cottier betrachtet Marias Stellung in Vatikan (kath.net / Zenit.org) Pater Georges Cottier, Theologe des Päpstlichen Haushalts, hielt folgende Rede während einer Welt-Videokonferenz über „Maria vom II. Vatikanischen Konzil bis heute”, die am Mittwoch von der Vatikanischen Kongregation für den Klerus veranstaltet wurde. * * * Von Pater Georges Cottier In dem wunderbaren Schlusskapitel der dogmatischen Konstitution über die Kirche „Lumen Gentium”, das der Jungfrau Maria gewidmet ist, lesen wir, „so ging auch die selige Jungfrau den Pilgerweg des Glaubens. Ihre Vereinigung mit dem Sohn hielt sie in Treue bis zum Kreuz, wo sie nicht ohne göttliche Absicht stand (vgl. Jo 19, 25), heftig mit ihrem Eingeborenen litt und sich mit seinem Opfer in mütterlichem Geist verband, indem sie der Darbietung des Schlachtopfers, das sie geboren hatte, liebevoll zustimmte. Und schließlich wurde sie von Christus Jesus selbst, als er am Kreuz starb, dem Jünger zur Mutter gegeben mit den Worten: Frau, siehe da dein Sohn (vgl. Jo 19, 26-27)” (siehe Nr. 58). Diese sehr eindringlichen Zeilen lassen eine lange vom Lehramt beglaubigte Tradition widerhallen. Die Mutter des Mensch gewordenen Sohnes Gottes wird unter dem Kreuz zur Mutter seines Mystischen Leibes geweiht. Daher wurde sie von Paul VI. zur Mutter der Kirche erklärt. Dieser Titel erleuchtet, was die „innigste Verbundenheit” Mariens mit der Kirche bedeutet, in der sie „auf hervorragende und einzigartige Weise” den ersten Platz inne hat (siehe Nr. 63). In ihr hat die Kirche bereits jene Vollkommenheit erlangt, die sie ohne Makel und Runzeln macht (Eph. 5,27). Sie ist das Urbild der Kirche (der Typus). Man muss begreifen, dass Maria nicht außerhalb der Kirche steht, da sie ihr hervorragendes und beispielhaftes Mitglied ist, und dass sie eine mütterliche Funktion für die Kirche ausübt. Das Mysterium der Kirche und das Mysterium Mariens schließen einander ein und erleuchten einander gegenseitig. Wie kann dies erklärt werden? Das Konzil erinnert zuerst an die Worte des Apostels (1 Tim 2, 5-6): „Es gibt nämlich nur einen Gott und nur einen Mittler Gottes und der Menschen, den Menschen Christus Jesus, der sich selbst als Erlösung für alle gegeben hat”, und fügt dann hinzu: „Marias mütterliche Aufgabe gegenüber den Menschen aber verdunkelt oder vermindert diese einzige Mittlerschaft Christi in keiner Weise, sondern zeigt ihre Wirkkraft” (Nr. 60). Ein Leben der Gnade, Teilhabe am göttlichen Leben, existiert grundlegend und in Fülle bei Christus, dem Haupt des Mystischen Leibes, um seinem Leibe, der die Kirche ist, mitgeteilt zu werden. Mit dieser Übermittlung zieht Christus die Kirche und all ihre Glieder an, damit sie in ihn hinein genommen, ihm gleichförmig werden und an seiner Hingabe an den Vater teilnehmen, durch den er die Menschheit gerettet hat. Der einzige Mittler: Seine Hingabe ist ganz und uneingeschränkt ausreichend für die Erlösung der Welt. Dass er es seiner Kirche erlaubt, daran teilzuhaben, ist Zeichen seiner Liebe und der Tiefe der Vereinigung, in die er sie hinein führt. So wie alles Lebendige Früchte bringt, so ist es auch beim Leben der Gnade, es bringt seine Früchte im Überfluss. Dieses Gesetz gilt für beide, für die Kirche und für Maria, je nach den besonderen Vorrechten. Der Konzilstext, den wir zitiert haben, hebt dies stark hervor: Unter dem Kreuz leidet Maria tief mit ihrem eingeborenen Sohn, sie vereinigt sich mit seinem Opfer in mütterlicher Liebe; liebevoll der Darbringung des Schlachtopfers, das sie geboren hat, zustimmend: Was können diese Worte anderes bedeuten, als dass Maria eine aktive Rolle im Mysterium der Passion und im Werk der Erlösung spielt? Das Konzil selbst erläutert dies: Die Mutter des göttlichen Erlösers war „in einzigartiger Weise vor allen andern seine großmütige Gefährtin. ...Indem sie... mit ihrem am Kreuz sterbenden Sohn litt, hat sie beim Werk des Erlösers in einzigartiger Weise durch ihren Gehorsam, ihren Glauben, ihre Hoffnung und brennende Liebe mitgewirkt, zur Wiederherstellung des übernatürlichen Lebens der Seelen. Deshalb ist sie uns in der Ordnung der Gnade Mutter” (Nr. 61). „In den Himmel aufgenommen, hat sie diesen heilbringenden Auftrag nicht aufgegeben, sondern fährt durch ihre dauernde Fürbitte fort, uns die Gaben des ewigen Heils zu erwirken.” Aus diesem Grund „wird die selige Jungfrau in der Kirche unter dem Titel der Fürsprecherin, der Helferin, des Beistandes und der Mittlerin angerufen” (Nr. 62). Dürfen wir dem Titel Mittlerin den der Miterlöserin hinzufügen? Im Licht des oben Gesagten lautet die Antwort ja. In der Tat fügt das Konzil, um jeder falschen Interpretation zuvorzukommen, hinzu, dass die Verwendung dieser Titel legitim, dies aber so zu verstehen ist, „dass es der Würde und Wirksamkeit Christi, des einzigen Mittlers, nichts abträgt und nichts hinzufügt” (ebd.). Es wird Ihnen aufgefallen sein, dass der Titel Miterlöserin nicht in den Konzilstexten erscheint. Man könnte sich vorstellen, dass das absichtliche Fehlen auf einen ökumenischen Grund zurückzuführen ist Die Verwendung dieses Begriffes bedurfte einer weiteren Entfaltung und Erläuterung. Wenn das Wort Miterlöserin als Gleichstellung und Hinzufügung zum Erlösungs-werk des Retters aufgefasst werden sollte, wäre es freilich heftig abgelehnt worden. Mariens Miterlöserschaft unter dem Kreuz ist so zu verstehen, dass sie nach Gottes Vorsehung auf untergeordnete Art an Christi erlösendem Opfer teilhat, ganz von ihm abhängig, genau so, wie sie ganz und gar von der Fürsprache des Sohnes in seiner Herrlichkeit durchdrungen ist, seiner Mittlerschaft, wenn er im Himmel für uns eintritt. Das Konzil formuliert das Prinzip, das, eine unmittelbare Glaubenserkenntnis auslegend, das theologische Nachdenken in diesem Bereich leitet: „Jeglicher heilbringende Einfluss der seligen Jungfrau auf die Menschen kommt nämlich nicht aus irgend einer sachlichen Notwendigkeit, sondern aus dem Wohlgefallen Gottes und fließt aus dem Überfluss der Verdienste Christi, stützt sich auf seine Mittlerschaft, hängt von ihr vollständig ab und schöpft aus ihr seine ganze Wirkkraft. Die unmittelbare Vereinigung der Glaubenden mit Christus wird dadurch aber in keiner Weise gehindert, sondern vielmehr gefördert” (Nr. 60). Im Lichte dieses Prinzips verstehen wir, in welchem Sinn Maria, und nur sie, die Miterlöserin ist, und wie die Kirche anteilmäßig ebenfalls Miterlöserin ist. Wir verstehen auch, in welchem Sinn, die Berufung aller Getauften zur Heiligkeit diese dazu führt, am Mysterium der Erlösung teilzuhaben. Jede dieser Teilhaben ist gleichsam eine Epiphanie der Fruchtbarkeit des Kreuzes Jesu. Zaczerpniêto z: www.kath.net . . . . . . |